Reif für die Insel

Dienstag, der 22. März 2016 - der Tag meiner Entlassung. Ich verließ Fort St. John direkt am Nachmittag und fuhr noch bis in die tiefe Nacht hinein Richtung Süden. Es war ein irres Gefühl, die Gegend nach 6 Monaten mit gefülltem Konto und neugewonnener Unabhängigkeit zu verlassen. Die Fahrt verlief (abgesehen von einer lebensmüden Eule auf Kollisionskurs) ohne Zwischenfälle und ich verbrachte meine erste Nacht in Freiheit glücklich und stilecht auf dem Walmart-Parkplatz in Hinton.

Am nächsten Morgen gab es eine Skype-Session mit Vincent, um zwei der begehrten Tickets für das Burning Man Festival zu ergattern - natürlich nicht ohne uns dabei verrückt zu machen, weil ich von einer Zeitumstellung (es gibt in BC „mountain time“ und „coastal time“, kompletter Blödsinn) überrascht wurde. Es hat aber geklappt und wir konnten somit den ersten Grundstein für einen genialen Roadtrip im Sommer legen. Ze tschörrmens ah kamming, liffing ze driem!

In Jasper quartierte ich mich spontan für 3 Nächte im Hostel ein, da mir der Ort im Sommer schon so gut gefallen hatte. Als ich die Tür zur Küche dort öffnete, kamen mir natürlich direkt unzählige Kartoffeln entgegen geschossen. So fuhr ich also mit Lisa und Marek zum noch gefrorenen Maligne Lake, um dort eine kleine Schneeschuhwanderung zu starten. Auf dem Rückweg hielten wir nochmal beim Maligne Canyon, den man im Winter sogar komplett begehen kann. Viel genialer als im Sommer, und der Bus voller Digitalchinesen war auch nicht mehr zu sehen. Schließlich ging es mit einem Paar aus Tschechien und einem ganzen Sack Kartoffeln zum Feiern in eine Karaokebar und in einen Club. Mein erstes Bier in diesem Jahr war entsprechend schmackhaft und wir hatten einen witzigen Abend.

Dieses Bild bedarf keiner weiteren Erläuterung.
Dieses Bild bedarf keiner weiteren Erläuterung.

Am Osterwochenende wurde es mir im Skiort zu voll und ich nahm den Highway 5 nach Kamloops. Warum der Walmart dort mitten auf einen Berg gebaut wurde ist mir ein Rätsel, aber ich genoss den Schlafplatz mit Aussicht. Dort verbrachte ich erstmal einen kompletten Tag im Starbucks. Auch wenn 5 Dollar für einen Kaffee nicht wirklich Traveller-freundlich sind, lohnt sich die Investition wenn man länger bleibt absolut. Ich quetsche mich lieber zwischen lesende Hipster, anstatt mir den Platz im McDonalds nach einem Kampf um die Steckdose mit kreischenden und permanent furzenden (kein Witz) Kindern zu teilen. Aber irgendwie konnte auch ein großes Schoko-irgendwas meine Laune nicht bessern. Ich war ziellos und unmotiviert. Der Sommer ist halbwegs geplant, aber was mache ich bis dahin?

Auf ein spontanes Posting in einer Facebookgruppe meldeten sich jede Menge Leute, und für Ende des Monats hat sich außerdem schon der erste Besuch angekündigt. Das freut mich tierisch und gibt der nahen Zukunft endlich ein Gesicht: Noch einen Monat ein schönes Plätzchen suchen, danach zu zweit das Hobo Life genießen. Nach einem kurzen Blick auf die Wettervorhersage bin ich schließlich an einem Stück nach Vancouver durchgefahren, wo ich mich wieder an meinem alten Stammplatz am Jericho Beach häuslich vanlich eingerichtet habe. Endlich wieder in kurzer Hose Longboard fahren und dabei Eis schlabbern!

Mit Pia, die sich auf das Posting gemeldet hatte, ging es dann per Fähre nach Vancouver Island. Zuvor habe ich mich in einem Outletcenter noch mit Klamotten eingedeckt - wenn ich schon wie ein Penner lebe, muss ich ja nicht auch noch wie einer aussehen! Die Fährfahrt war super und wir kamen schnell in Victoria an, der Hauptstadt British Columbias. Mildes Wetter, koloniale Bauten und eine große, alternative „laid back“ Community gibt der Stadt ein sehr angenehmes Flair. Vor dem Parlamentsgebäude übte ein junges Orchester. In Victoria gönnten wir uns einen berühmten Beavertail - man nimmt Fett und Zucker, wirft es in Fett, wartet ein paar Minuten und beschmiert es anschließend nochmal mit Zucker - super lecker und gesund für die Seele.

Die letzten Tage verbrachten wir mit einer Rundtour über Sooke nach Port Renfrew im Südwesten der Insel, zurück ging es durchs Landesinnere über Duncan. Wir wanderten an der wilden Küste entlang, besuchten abgelegene Strände und entdeckten „Canadas gnarliest tree“ in der Avatar Grove. Die raue und wilde Gegend im Süden der Insel lockt vor allem im Hochsommer viele Touristen an, wenn man dort an Stränden liegen und in Potholes baden kann.

Es war eine tolle Tour, aber da sich unsere Reisevorstellungen nicht ganz deckten und es ein paar Planänderungen gab bin ich seit gestern wieder allein unterwegs. Macht aber nix! Schon bald kriege ich Besuch, und bis dahin möchte ich auch endlich mal ein paar Dinge auf die Kette kriegen. Organisatorisches wie die Steuererklärung und Geldtransfers wurden bisher erfolgreich wegprokastiniert. Zudem arbeite ich mit Julius an einem gemeinsamen Onlineprojekt, was mir in Zukunft auch einiges an Schreibtüchtigkeit abverlangen wird - es kann also sein, dass ich mich dann hier etwas kürzer fassen werde! Für die nächsten 2-3 Wochen bleibe ich wohl erstmal hier, da mir Victoria wirklich gut gefällt. Ich habe also Blubber in der Hippiegegend Fernwood zwischen einer Hecke und einem T1-Bulli versteckt, fahre mit dem Longboard durch Downtown, sonne mich am Hafen oder mache Cafe-Hopping mit meinem Laptop. Kann man mal machen. Zum Abschluss gibts noch ein Bild vom Hafen hier, welches meine momentane Gemütslage ganz gut beschreibt...

 

Bis die Tage! Der Flo


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