Doof im Wald

Hallo ihr Lieben! Ja, ich lebe noch und nein, ich habe mein Gehirn nicht im Wald verloren, auch wenn der Posttitel das vermuten lassen könnte. Als wir Donnerstag Nachmittag die Arbeit beendeten und klar war, dass bis zur nächsten Woche keine Trauben mehr reif werden, beschlossen wir übers Wochenende wieder nach Altona zu fahren. Ich gesellte mich noch kurz zu Conan David und ein paar Mädels, die von irgendeinem „Doof“ sprachen. Ich wurde neugierig und es stellte sich heraus, dass es dabei um einen inoffiziellen Rave mitten im tiefsten Busch ging. Wahnsinn, so einem Event wollte ich schon immer mal beiwohnen! Am Samstag Nachmittag bekam ich schließlich von David eine SMS, wo der Doof stattfinden soll. Lerderderg State Park, O'Briens Crossing.
Sollen wir da wirklich hinfahren? Wir hatten keinen Schimmer was uns dort erwartet. Ein kleines Grüppchen mit einem Ghettoblaster? Wir entschieden uns dafür, die etwa zwei Stunden Autofahrt in Kauf zu nehmen und düsten los.


Als Kolonne verließen wir den urbanen Raum und fanden uns recht schnell in karger Umgebung wieder, die zudem immer hügeliger wurde. Mir war vorher klar, dass Burgundi kein großer Fan von Steigungen ist, aber offensichtlich verschlimmerte sich das Gebrechen. Der Motor wurde zu heiß und ich krebste teilweise mit 50km/h über den Highway. Sorry Jungs! Irgendwann bogen wir schließlich auf eine unbefestigte Straße ab, die in den Nationalpark führte. Ich schaltete Allrad hinzu und heißte freudig jauchzend dem T3 hinterher immer tiefer in den Wald hinein. Vielleicht hätte ich ein wenig mehr Abstand halten sollen, denn wenige Minuten später hatte Burgundi ihren Namen nicht mehr verdient – der Wagen war komplett zugestaubt. Wir erreichten schließlich das angegebene Ziel und stiegen aus. Musik war nicht zu hören, nur vereinzelt sah man ein paar Lagerfeuer. Allerdings standen wir neben einem Auto, welches „TECHNO“ als Kennzeichen hatte. In Australien kann man sich gegen Entgelt so ziemlich Alles auf sein Kennzeichen machen was man möchte, so lange es einmalig ist. Wir gingen ein wenig herum und quatschten das nächstbeste Grüppchen Leute an. Eine Party würde es hier nicht geben, nur ein paar Camper und Lagerfeuer. Ironischerweise gehörte aber einem Mädel aus der Gruppe das Auto mit besagtem Kennzeichen. Na klasse, was nun? War Davids Info zum Doof vielleicht doch falsch?

Zurück bei den Autos trafen wir einen Van mit Leuten, die auch nach dem Doof suchten. Wir entschieden uns, zusammen über den Fluss noch tiefer in den Wald hinein zu fahren. Ein Kurve später hielt uns ein Typ an, der aussah wie Hagrid aus Harry Potter. „I'll try to find it for you! Just gettin ma machine.“ Damit meinte er sein Rennmotorrad, mit dem er anschließend im Schneckentempo vor uns her gurkte. Wir trafen noch einige Andere, die auf der Suche waren und fuhren schließlich mit einer anständigen Kolonne durch den Nationalpark. Was kann denn daran so schwer sein? Schließlich gibt es doch weit und breit nur diese eine, unbefestigte Straße. Leider gab es kein GPS oder Handyempfang. Von einem entgegen kommenden Autofahrer bekamen wir den Hinweis, wir müssten bei einem roten Tuch von der Straße abfahren und dem Pfad weiter folgen. Dort angekommen nahm ich eine kleine Abkürzung durch den Graben, wo Burgundi mit der Anhängerkupplung aufsetzte. Richtig so!

Die Straße, die dann folgte kann allenfalls als besserer Wanderweg bezeichnet werden. Steil bergab und ohne Wendemöglichkeit geht es über Schlaglöcher und Furchen immer tiefer in den Busch hinein. Und das Alles mitten im Nirgendwo mit unseren alten Karren – erst gestern hatten Daniel und Tom zwei ihrer Reifen getauscht, als sie dessen Drahtgeflecht an der Seite heraus gucken sahen. Ist das vielleicht doch nicht so schlau, was wir hier gerade tun? Der T3 hat ja auch schließlich nicht einmal Allrad. Aber jetzt ist es wohl so oder so zu spät. Die Anderen haben wohl den gleichen Gedanken und halten kurz an. Sie sagen irgendwas von wegen „zu riskant“ und „Irgendwie wieder hoch kommen“, doch ich höre nur mit einem Ohr hin. „Jungs, hört doch mal!“ Wub.. Wub.. Wub.. Leise aber deutlich kroch Bass den Berg hinauf. Was für eine Atmosphäre, mitten im Nichts auf einer kaum befahrbaren Straße im Wald zu stehen und in der Ferne das lang gesuchte Ziel hören zu können. Wir sind richtig!

Mein Platz für die Nacht
Einige Minuten später sind wir schließlich im Tal. Buntes Licht und harte Goa-Beats sind allgegenwärtig – die Atmosphäre ist überwältigend. Etwa 20 Autos stehen wild verteilt irgendwo im Busch herum, wo gerade Platz war. Als Schlusslicht der Kolonne habe ich echte Probleme, noch einen Stellplatz zu finden. Einfach auf dem Weg stehen bleiben? Nach kurzer Inspektion des Bodens entscheide ich mich schließlich dazu, im Low-4WD-Modus mit Vollgas zwischen zwei Bäumen die Böschung hoch zu fahren. Zack, passt. Jetzt stehe ich zwar 30-40° am Hang, aber bei dem Lärm kann man wahrscheinlich sowieso nicht schlafen. 

Die Lounge
Wub Wub Wub Wub. Was haben die da eigentlich für eine übertriebene Anlage in den Busch gekarrt? Die Musik ist außerdem viel besser als erwartet – richtig anständige Beats. Ich steige aus und begrüße das Grüppchen neben mir, was ich durch meine zugestaubte Scheibe zuvor kaum erkannt habe. Neben einigen gewöhnlich gekleideten Menschen sind hier auch das 100-Prozent-Hippie-Outfit oder ein Bärenkostüm ganz normal. Aufgeschlossene, freundliche Menschen überall – dagegen ist Rock am Ring ein Zeltlager für Politessen. Luisa schaut auf den Weg und wirft mir einen skeptischen Blick zu. „Hier kommen wir nie wieder raus.“ Um zur eigentlichen Party zu kommen musste man noch durch ein Flussbett und einen kleinen Hügel hochlaufen. In einem bunt beleuchteten Pavillon ist das DJ-Pult untergebracht und eine Gruppe von Leuten ist davor am Tanzen. Andere sitzen an einem der Lagerfeuer oder haben es sich in der provisorischen Lounge gemütlich gemacht. Ein Franzose mit Rastalocken verteilt exotische Gewürze an jeden, der danach fragt mit einem beherzten Griff in seine Gürteltasche. Sogar Wasser und Kaffee gibt es einige Meter weiter. Mitten im australischen Busch zwischen den Eukalyptusbäumen - Was für ein toller Ort, um eine Party zu feiern. Die fesselnde Atmosphäre tat ihr übriges und wir hatten eine unvergessliche Nacht, von der es Gott sei Dank leider nicht sehr viele Fotos gibt.


Am nächsten Morgen waren wir uns einig, die Idee mit dem Doof war gar nicht so doof. Wir frühstückten gesammelte Reste am Lagerfeuer und schauten uns um. Der überwältigende Sternenhimmel der Nacht war der knallen Sonne gewichen, was das verbliebene Partyvolk jedoch nicht davon abhielt munter weiter zu tanzen, bis um 12 Uhr die Musik abgestellt wurde. Ich wollte Valesca aus Deutschland mit nach Melbourne nehmen, da ihre Reisegruppe über Nacht verschwunden war. Einer aus der Truppe kam nachts noch an mein Auto, öffnete die Motorhaube und verschwand anschließend wieder. Gruselig! Offenbar hat er aber nichts dort angestellt, was ich natürlich eingehend überprüft habe, bevor ich meinen Motor startete. Ganz normales Feiern eben. 


Die Wolke dort oben ist der T3


Ich bin einfach zu heiß


Ein Einheimischer bat für 10 Dollar an, Autos mit seinem mächtigen 4WD wieder auf die Gravel Main Road zu ziehen. Nix da! Wir wollten es erst einmal so probieren. Kalle und Burgundi kamen dank Allrad problemlos den Berg wieder hinauf, doch der unbenannte T3 hatte hart zu kämpfen. Staub und Steine flogen durch die Luft und wir waren froh, diesmal ein wenig Abstand gehalten zu haben. Und tatsächlich – Heckantrieb und Bodenfreiheit sei Dank schaffte Johannes es gerade so, ihr Zuhause wieder die Straße hinauf zu bringen. Seitdem heißt der Bulli Sir Henry. Zurück auf dem Highway wurde mein Wagen mal wieder zu heiß – dass Problem wurde immer schlimmer. Offenbar gibt meine Wasserpumpe langsam aber sicher den Geist auf. Nach einer Runde Maumau unter einer Highwaybrücke beschlossen wir, den dampfenden und zischenden Motor zu schonen und das letzte Stück nach Altona abzuschleppen. Die Aktion war nicht ganz ungefährlich, da das 4 Dollar teure Baumarktseil recht elastisch war und ich keinerlei Bremswirkung hatte. Zudem wird der Standstreifen beim australischen Highway bei einer Brücke oder Ähnlichem gerne mal unterbrochen, sodass man sich abschnittsweise die Fahrspur mit den mächtigen Roadtrains teilen muss. Glücklicherweise ging alles gut. Der Tag war jedoch übertrieben chaotisch – später am Nachmittag lief mein Wagen wieder und ich musste Sir Henry ans Abschleppseil nehmen, weil er nach leer gefahrenem Tank nicht wieder starten wollte. Was ein irres Wochenende!

So, das Alles ist nun schon wieder drei Wochen her! Sorry, dass ich solange nichts von mir hören lassen habe (Die Beschwerden kamen an!), doch im Moment habe ich tatsächlich alle Hände voll zu tun, denn ich habe zwei neue Jobs – mehr dazu in den nächsten Tagen! In der vergangenen Woche hat mir zusätzlich noch eine Magendarm-Grippe zu schaffen gemacht, die aber mittlerweile überwunden ist. Außerdem werde ich euch noch von der Formel 1 berichten, die ich am letzten Wochenende besucht habe. Besten Gruß aus dem mittlerweile kälter werdenden Melbourne,

Florian


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