Roadtrip nach Perth

Am Vorabend vor der Abreise habe ich Ludwig noch mal ordentlich sauber gemacht und es gab ein letztes Lagerfeuer in großer Runde im Flussbett des Carnarvon Creek. Dann konnte es endlich losgehen – 5 Monate in und um Carnarvon waren zu Ende. Zunächst fühlte es sich noch so an, als würde man einfach nur Einkaufen fahren und dann wiederkommen. Bis zum 5. Januar waren noch „double days“, an denen es häufig Polizeikontrollen gibt und sämtliche Strafen verdoppelt werden. Wir verließen die Farm am 6. Januar. Die Frage ist ja unter Anderem, ob mein Auto zuerst verreckt oder einkassiert wird. Doch darum machten Tom und ich uns nicht wirklich Gedanken. Fenster auf und Heizung an, dann kommen wir schon irgendwie gen Süden!


Mit steten 80km/h cruisten wir also durch die karge Wüstenlandschaft und verließen den Highway Nr.1 irgendwann, um den westlichen Landzipfel „Shark bay“ zu besuchen. Hier lockt Monkey Mia mit einer täglichen Fütterung wilder Delfine, was für viele Reisende das Highlight ihres Westküstentrips darstellt. Unser erster Stopp war jedoch an den Stromatolithen. Nein, das kann man nicht essen und es hat auch nix mit Ökostrom zu tun. Die Stromatolithen sind Überbleibsel des ersten auf der Erde existenten Lebens. Letztendlich handelt es sich dabei lediglich um geschichtetes Sedimentgestein als Produkt ebendieser urtümlichen Bakterien. Nicht sonderlich spektakulär, aber doch interessant zu sehen, wie die Erste aller Lebensformen vor etwa 3500000000 Jahren ausgesehen hat. Das ist schon so lange her, dass man nichtmal anständig die Zahl lesen kann wenn der dämliche Blogautor die Punkte darin vergisst.

Stromatolithen


Nicht weit vom Hamelin Pool entfernt liegt der „Shell beach“ auf dem Weg. Das ist der einzige Strand Australiens mit einer Tankstelle aus Muscheln. Tom und ich wühlten uns einige Minuten wie kleine Kinder auf dem Boden herum und ich machte einen Muschelengel. Logischerweise ist es streng verboten Muscheln von dort mitzunehmen – ein paar Meter weiter sieht man aber eine riesige Maschine die Muschelschichten abbauen, um daraus Fußwege zu bauen.

Nach kurzem Snack in Denham fuhren wir schließlich in das berühmte Monkey Mia Resort. Hier trafen wir auch Amelie, Carine, Chris, Thomas und Vito wieder und es wurde festlich gekocht. Tom und ich gingen noch kurz im Meer schwimmen, wobei ich einen Rochen und einen Pelikan sah. Wir unterhielten uns darüber, wo wir es später mal mit dem Angeln probieren wollen. Das hat der Pelikan offenbar gehört – das faule und überraschend große Tier stand den ganzen Abend faul neben den Anglern herum und wartete auf Fisch. 

Ein Pelikan versucht sich im Hundeblick. Gib mir Fisch!


Flipper und seine Freunde
Am nächsten Morgen um machte ich mich früh auf den Weg, um der berühmten Delfinfütterung beizuwohnen. Mit etwa 120 gefühlten 6000 anderen Menschen stand ich da also in einer Reihe am Strand und wartete auf Flipper. Fast jeder Delfin wird im Laufe seines Lebens mehrfach von Haien attackiert und kann daher an seinen Narben erkannt werden. Das verriet jedenfalls die Omi, die vor den Massen durchs Wasser watete und interessante Dinge zu den Säugetieren über Lautsprecher erzählte. Ihr Tonfall verriet aber, dass sie den Job nicht erst seit gestern hat. Jajaa, Delfin Mickey, das ist schon so ein Charakter, nech. Was ein keckes Tierchen und so frech, heieiei. Die Zuschauer glucksen. Ob Mickey weiß, dass er der wohl weltweit beliebteste Delfin ist? Ich glaube Mickey hat einfach nur Hunger und ist zu faul sich selbst etwas zu fangen. Genau wie der Pelikan – Ist in Monkey Mia wohl so üblich. Anschließend werden noch Zuschauer ausgewählt, die einen Fisch verfüttern dürfen. Der Assistent vor mir im Wasser wählte dabei genau den einen Touri aus, der bis zu den Knien im Wasser stand – was vorher laut und deutlich untersagt worden war. „Green shirt, grey hat, camera, come here!“ Bin ich hier bei der Army gelandet? Der Touri durfte anschließend einen Fisch aus dem Eimer nehmen und dem Delfin hinhalten. Anschließend passierte etwas überraschendes: Der Delfin aß den Fisch. Der Touri geht zurück an seinen Platz - Es muss der glücklichste Tag seines Lebens sein! Man merkt vielleicht, dass ich von der Fütterung nicht wirklich überzeugt war. Es ist zwar ganz nett die Tiere mal aus nächster Nähe zu sehen, aber das wars auch schon. Tiere füttern kann man auch im Zoo – da ist das Becken halt etwas kleiner. Den riesigen Hype um die Delfine kann ich jedenfalls nicht nachvollziehen.

Touriauflauf in Monkey Mia


Zurück bei den Autos kam die Idee auf, den Francois Peron Nationalpark im Nordzipfel der Shark Bay zu besuchen und dort auch irgendwo zu übernachten. Ich war skeptisch, da wir uns zu siebt mit allem Kram in Thomas' Auto quetschen müssten und unsere beiden Vans auch irgendwo parken müssten, wo kein Ranger vorbeikommt. Wenn der nämlich ein unregistriertes Auto verlassen am Rand der Wüste findet kann das unschön werden. Tom meinte daraufhin, ich würde in einer Negativrealität leben. Der liebenswürdige Hippie macht sich generell um nichts Sorgen. Ich traf durch Zufall den Manager des Resorts und wir durften unsere Vans für eine Nacht auf dessen Parkplatz stehen lassen – möge der Spass beginnen! Meinen Swag und Stühle haben wir an die Bullbar gebunden, der Rest wurde gekonnt in den Kofferraum getetrist. 4 Leute auf die Rückbank, 3 nach vorne – Abfahrt! 

Die Stimmung war ausgelassen. Schon bald erreichten wir die Einfahrt in den Park, an der man die Luft von den Reifen lassen muss. Alle Pisten im Park bestehen aus feinem Sand, selbst 4WD-Fahrzeuge bleiben regelmäßig stecken. Wir schaukelten und wackelten uns immer weiter in die Wüste. Alle hatten ihren Spaß, als wir wie Flummis auf der Rückbank herumflogen. Alle außer Amelie, die fast kotzen musste. Wir hielten an einer traumhaft schönen Lagune, liefen ein wenig durchs Wasser und probierten die Muscheln, die dort an den Felsen wuchsen. Anschließend setzte ich mich ans Steuer und quälte den alten Landcruiser noch weiter gen Norden. Teilweise war die Strecke wirklich wild, aber die alte Lady kam ohne Probleme voran. Am Cape Peron, dem Nordzipfel der Shark Bay angekommen wurden wir von einer Atem beraubenden Küste erwartet. Blaues Meer, weißer Sand, rote Dünen. Im Wasser vor uns schwamm ein riesiger Rochen, und ein großer Schwarm Seevögel färbte den Küstenstreifen in der Ferne schwarz-weiß. Was für ein toller Ort! Nur schwimmen gehen sollte man hier nicht, da die Strömungen aus beiden südlichen Richtungen einen ohne Umwege nach Indien transportieren würden. 

Francois Peron Nationalpark


An einem unweit entfernten Aussichtspunkt auf einer Klippe gab es dann noch echtes Wildlife zu bestaunen. Ich wusste gar nicht wo ich zuerst hinschauen soll! Vor uns im Wasser war gleichzeitig ein grauer Riffhai, drei Mantarochen, ein grauer Rochen und eine rote Meeresschildkröte zu sehen. Irgendwann tauchte noch ein größerer Hai auf, während ein Pinguinmöwenirgendwas im Sturzflug auf Beutejagd ging. Wahnsinn! 

Mein Mitfahrer Tom aus England
An einem einsamen Küstenabschnitt wollten wir unser Nachtlager aufschlagen. Den Weg dorthin fuhr ich auf der Motorhaube mit – der beste Platz von Allen! Fahrtwind, Aussicht... nur bei einigen Sandmulden musste ich mich dann doch gut festhalten. Der Stellplatz für die Nacht war toll. Ein Strand ganz für uns alleine! Tom versuchte sich im Angeln, doch alles was er fing war ein gelb-schwarz gestreifter Steinfisch. Den kann man selbst in seiner Realität nicht essen. Feuer waren eigentlich nicht erlaubt, doch der Wind stand günstig und wir konnten es nicht lassen. Auf dem Sandstrand zwischen großen Steinen, während die Wellen rauschten und der Mond groß und gelb am Horizont unterging war es wohl mein genialstes Lagerfeuer bisher. Später am Abend kam noch eine dicke Krabbe vorbei und gesellte sich in etwa 2m Entfernung dazu. Mein Schlafplatz für die Nacht war übrigens ein Tipi, welches ich mir aus den Resten von Toms Zelt und drei dicken Ästen gebastelt habe. 


Wohl einer meiner besten Schlafplätze bisher: Ein Tipi am Meer


Als ich am nächsten Morgen aufwachte stand das Tipi unerwarteter Weise noch immer und ich war auch noch am Leben. Yay! Wir verbrachten den Morgen am Strand, wo ich einen Schwarm winziger Fische sah, die einen Rochen imitierten. Schließlich machten wir uns auf den Rückweg zum Resort, um die Vans wieder abzuholen. Wo hatte ich meinen Ludwig nochmal geparkt? Immer der Nase nach! Ich habe es doch tatsächlich geschafft, den alten Fischköder am Außenspiegel hängen zu lassen. So muss die Hölle riechen. Naja, irgendwie muss man die Urlauber im Resort ja auch bei Laune halten. Tom opferte sich, die Tüte zu entsorgen. Frisch geduscht ging es dann wieder los in Richtung Highway Number one. Der Ausflug auf die Shark Bay Peninsula hatte sich absolut gelohnt. Nicht weil man Flipper beim Frühstück beglotzen kann, sondern wegen dem unglaublich schönen Nationalpark, an dem 90% der Urlauber einfach vorbei fahren. Unser Ausflug dorthin war ohnehin einmalig – 7 Leute in einem alten Auto und Spaß ohne Ende. So etwas kann man in keiner Tour buchen. Eine Tour wäre auch wahrscheinlich auch etwas teurer gewesen als 6 Dollar für Diesel und ein paar Nudeln aus der Essenskiste.

Am nächsten Morgen erreichten wir den Kalbarri Nationalpark. Hier lockt neben schönen Schluchten vor Allem das „Nature Window“, welches bis vor Kurzem noch wegen Straßenarbeiten nicht besucht werden konnte. Der natürliche Steinbogen steht auf einer Klippe mit sensationeller 360°-Aussicht. Tom und ich setzten uns für einige Minuten mitten in den Bogen. Wir bestaunten zunächst die Aussicht und anschließend die anderen Besucher. Viele Leute kommen wirklich an, machen schnell 20 Fotos und verschwinden wieder, ohne auch nur eine Sekunde geschaut zu haben wo sie hier eigentlich sind. Wenn die auf dem Heimweg ihre SD-Karte verlieren wissen sie wahrscheinlich gar nicht mehr, welches Land sie eigentlich bereist haben. Wir besuchten noch einen weiteren Aussichtspunkt, wo wir ein wenig verweilten und durch die Landschaft kletterten. Den Park verließen wir schließlich gen Westen über eine eindrucksvolle Küstenstraße.

Meine Roadtriptruppe am Nature Window


Nach einer Portion Fish & Chips im Wert von drei Tarforst-Dönern ging es weiter gen Süden. Die Landschaft veränderte sich alle paar Minuten – Der Weizengürtel Australiens hat hier ihren Anfang und es gibt auch wieder so etwas Ähnliches wie Bäume. Ein entgegenkommender Roadtrain schleuderte mir einen Steinschlag in die Windschutzscheibe, der einem Einschussloch gleicht. Wir haben uns ordentlich erschrocken, aber geärgert hat es mich nicht – das Ding macht sich ganz gut neben dem mittlerweile etwa 40cm langen Riss. 

Als Kolonne gen Süden


An einer Raststätte mitten in der Pampa feierten wir unseren letzten gemeinsamen Abend mit lauter Musik, Bier und Midnightpasta auf dem Lagerfeuer. Highlight war das beschaffen von Feuerholz, welches uns um 2 Uhr nachts plötzlich zuneige ging. Da im Umkreis schon alles abgegrast war mussten wir auf einen toten Baum klettern und irgendwie Äste abschaukeln. Alle haben überlebt.

Etwa 200km vor Perth gibt es noch einen weiteren Pflichtstopp: The pinnacles. Man weiß bis heute nicht genau, wie die einmalige Wüste mit ihren vielen Steinsäulen entstanden ist. Der faule Tourist kann hier mit seinem Auto einen 4km langen Rundweg durch die spektakulären Gegend fahren. Die Pinnacles sind auf jeden Fall einen Abstecher wert, aber nach ein-zwei Stunden hat man dann auch Alles gesehen.


Tom verabschiedete sich noch von Allen, da er in der kommenden Nacht wieder zu seinem Hausboot nach Neuseeland fliegt. Ich werde die Truppe wohl nochmal irgendwo im Süden wiedersehen. Der Roadtrip mit der Truppe war toll, aber auf Dauer wäre es mir mit 7 Leuten zu stressig. Tom und ich erreichten Perth schließlich am Abend und ich konnte Ludwig auf eine recht zentrale Auffahrt bei einem Freund von Tom abstellen. Ich brachte ihn nachts um 4 zum Flughafen. Sollte ich noch nach Neuseeland kommen habe ich schon mal eine Anlaufstelle. In dieser "einsamsten Großstadt der Welt" traf ich schließlich einen alten Bekannten wieder und wir erforschen gerade den Südwesten – mehr dazu beim nächsten Mal! In nur einem Spot sind wir wieder für Sie da!

Flo


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