Im Herzen Australiens

Es war ein wenig frustrierend, Stunden lang gen Süden zu fahren, wenn man doch eigentlich in den warmen Norden möchte. Der Schwenker hat sich aber in jedem Fall gelohnt – Man bekommt einfach immer viel mehr von Flora und Fauna zu sehen, als wenn man auf dem Highway unterwegs ist. Oder von Roadtrains, die nachts um 3 das Schild „T-Kreuzung voraus“ nicht gesehen haben.



Die Motivation war aber groß – auf uns wartet viel! Es ist nur noch.. äääh... 80 Stunden Fahrt entfernt! Der Stuart Highway führt von Port Augusta bis ans nördliche Ende der Welt Australiens. Die Straße ist ungefähr so spannend wie ein Stummfilm für Blinde – keine Spur mehr von all den Kängurus, die uns bis vor kurzem noch aus allen denkbaren Richtungen beäugt hatten. Es ging tiefer und tiefer ins Nichts hinein. Ab und zu steht ein altes Autowrack am Straßenrand. Was soll man auch machen, wenn einem hier der Wagen verreckt? Glücklicherweise schnurrt Ludwig wie ein Kätzchen. Etwas Öl und ein paar gute Worte, und er bringt uns an jedes Ziel. Da stört es auch nicht wenn man ab und an mal eine Schraube findet. Ein echter Glückskauf!

 
Endlose Weite

Mitten im Nichts war die Straße ein Stückchen breiter als sonst. Ein großes Schild zeigt, warum: Hier landet ab und zu mal ein Flugzeug. Der RFDS (Royal flying doctor service) rückt an, wenn er gebraucht wird. Man kann ja im Notfall schlecht eben ins nächste Krankenhaus fahren. Nach mehreren Ewigkeiten erreichen wir schließlich Coober Pedy. Ein Blick auf die Karte zeigt: Es ist wohl noch das Eine oder Andere Stündchen Fahrt bis in den Norden. In Coober Pedy dreht sich alles um Opale. So ziemlich Alle der bunten Edelsteine stammen aus diesem Höllenloch der kargen Einöde australischen Wüstenlandes. Krater und Schutthügel reihen sich aneinander, es sieht ein wenig so aus, wie man sich eine erste Siedlung auf dem Mars vorstellen würde. Aufgrund der enormen Hitze im Sommer hat man hier einfach in die Erde gegraben, um eine Wohnanlage oder eben eine Kirche zu schaffen. Wir treffen schon wieder Tor und Alex und kochen mitten in Coober Pedy auf einem Aussichtspunkt, wobei die Sonne langsam über der gespenstischen Siedlung versinkt. Ich mochte die Atmosphäre, doch Julius hatte dafür wenig übrig. Er war gerade dabei sich das Rauchen abzugewöhnen, hatte seit drei Tagen keinen Tabak mehr und war nach eigener Aussage charmant wie Hitler. Wir schlenderten noch im Dunkeln durch die Stadt, doch bis auf zig Opalbörsen und die Raumschiffrequisite aus „Pitch Black“ gab es nicht sonderlich viel zu sehen.

Es dauert zwei weitere Tage, bis wir die Abzweigung gen Westen erreichen, die zum berühmten Red Center führt. In der Zeit passierte nicht sonderlich viel – Ewige Leere, die Straße vor sich und vereinzelt mal ein anderes Auto – so wie man sich eine Fahrt auf dem Highway durchs Outback eben vorstellt. Eines Abends gab es dann doch ein wenig Action: Ein wildes Tier hat unseren Käse geklaut. Im Dunkeln waren jedoch immer nur die reflektierenden Augen zu erkennen. Es kostete mich diverse Strategien und einige Blitzlichtfotos, um das unbekannte Monster zu identifizieren: Es war eine Katze. Miau.

Tzz! Die wahre Experience steht rechts!

Da Isser! Da Isser!
Wir passierten den Einen oder Anderen Möchtegern-Uluru, bis wir schließlich das Original am Horizont erspähten. Uns grüßten zwei tote Kühe am Straßenrand, und alle paar Meter waren wieder die Deppenschilder zu sehen, die es schon an der Great Ocean Road zuhauf gegeben hat: Drive left in australia! Bitte anschnallen!“ Ein paar Busse später hatten wir Gewissheit – wir sind wieder da, wo Alle sind. Leider war der rote Berg im Herzen Australiens auch bei den Wolken nicht unbeliebt. Nur ab und zu schaute die Sonne hindurch, und morgens gab es Nieselregen – Nieselregen, Hallo!?! Der Rundweg um den Ayers Rock (Uluru) war auch nicht sonderlich spektakulär. Ein großer, roter Felsen im Nichts – Definitiv ein schöner Ort, aber vielleicht doch ein wenig gehyped, um mal wieder ein richtig schön schreckliches denglishes Wort zu benutzen. Der Aufstieg auf den 348m hohen Felsen war aufgrund des Wetters gesperrt. Schade, da ich wirklich gerne hinauf geklettert wäre, auch wenn es in den Augen der Aboriginekultur frevelhaft ist. Es gibt sogar ein „Sorrybook“ und diverse „I didnt climb the uluru!“-Artikel im Besucherzentrum. Ich finde aber, Glaube sollte andere Menschen nicht in ihrer Freiheit einschränken dürfen. Von mir aus können die Moslems mit ihrem Teppich auch im Kölner Dom ums Kreuz tanzen!

Felsmalereien

Wesentlich besser gefällt mir hingegen der Weg durch die Olgas, der zweiten und etwas weniger bekannten Attraktion im Katatjuta Nationalpark. Diese Ansammlung vieler Miniulurus hat man schon 50km vorher am Horizont erkennen können. Das „valley of the winds“ ist ein atemberaubendes Tal mittendrin, in dem man von rotem Fels nahezu verschlungen wird. Ich lernte noch eine nette Schwedin kennen, die Aboriginekunst an Touristen verkaufte. So kam ich letztendlich auch in ein „Gespräch“ mit einer Aborigine-Oma und konnte mir ein Lesezeichen nach traditioneller Art malen. Voll künstlerisch wertvoll und so...



Als wir uns nach drei Tagen Abends auf den Weg machen, um den Park zu verlassen, war ich ein wenig enttäuscht. Ich konnte das ganze Tara um den Uluru nicht wirklich nachvollziehen. Vielleicht, weil wir aufgrund des Wetters keinen der atemberaubenden Sonnenuntergänge zu sehen bekamen, die den Berg angeblich in allen Rottönen aufleuchten lassen. Aber dass, was Australien für mich ausmacht, sind ohnehin nicht die bekannten Orte. Mein Blick wanderte aus dem Seitenfenster auf zwei blaue Punkte am Berg. Hö? Blaue Punkte? Gibts doch gar nicht! Offensichtlich war der Aufstieg geöffnet. Da es schon leicht dämmerte, wird dass aber wohl nicht mehr lange so bleiben. Ich wendete sofort und heizte zum Startpunkt des Aufstiegs, wobei mein Fahrstil laut Julius dem eines „letztens Spacks“ recht nahe kam. Und tatsächlich, ich hatte Glück, der Aufstieg war noch offen! Ich schnappte meinen Rucksack und machte mich auf den Weg zum Gipfel, während Julius mit Ludwig zu einem nahen Aussichtspunkt fuhr. Der Aufstieg war nicht Ohne, es gab wenn Überhaupt eine Eisenkette zum Festhalten an den steilsten Passagen. An den Seiten ging es irrelevant viele Meter hinunter. Kein Wunder, dass hier schon etliche Menschen ihr Leben gelassen haben. Es wunderte mich, da in Australien normalerweise jeder höhere Bordstein mit zwei Zäunen und 10 Schildern gesichert wird. Immerhin hing ab und zu ein Defibrillator an der Kette.
Das erste Stückchen ist geschafft!
Ich war offensichtlich der letzte, der den Aufstieg wagte. Auf halbem Weg kamen mir noch ein-zwei Leute entgegen, danach war ich Alleine. Es war gespenstisch still, nur mein eigenes Schnaufen hallte über das steinige Auf und Ab, wobei der Weg durch eine gestrichelte Linie am Boden markiert wurde. Etwa 400 Höhenmeter später hatte ich es dann geschafft – ich war oben! Und zwar ganz alleine. Ich suchte mir ein nettes Plätzchen und wartete auf den Sonnenuntergang. Es war bewölkt, doch sollte es mein bisher Schönster werden. Licht fiel in allen Farben durch die Wolkendecke auf die Olgas, die klar am Horizont zu erkennen waren. So ziemlich alle Farben des Regenbogens waren irgendwo vertreten. Um das sicherzustellen gab es dann wenig später noch einen Regenbogen von einer Wolkendecke in die Andere. Wow! Meine Kamera war leider nicht ansatzweise in der Lage, diesen epischen Moment festzuhalten. 


 Fortsetzung folgt!


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