Manberry Station

Mein Zuhause
Sooooo, wie versprochen gibt’s jetzt mal ein paar Infos zu meinem Leben als Farmer auf der anderen Seite der Erdkugel! Doch zunächst möchte ich euch die Farm kurz vorstellen: Die Manberry Station liegt nochmals 15km östlich des North West Coastal Highways, der nördlich von Carnarvon durch die Wüste führt – also mitten im Nirgendwo. Nachdem man also der rappeligen Schotterpiste über mehrere Sanddünen gefolgt ist erreicht man das Farmhaus, wo David mit seiner Mutter wohnt. In meinem vorherigen Eintrag müssten ein paar Bilder sein. Mein Wohncontainer befindet sich etwa 50m davon entfernt. Ich habe zwar eine eigene Küche, doch die blieb bisher unbenutzt, da neben Unterkunft auch Verpflegung inklusive ist. Müsli zum Frühstück, Lunchpaket für die Mittagspause auf dem Farmgelände und natürlich Dinner. Jeden Abend um Punkt 19:30 Uhr gibt es bei den Goochs im Farmhaus ein fettes Essen – Steak oder Roastbeef aus der selbst geschlachteten und zerlegten Kuh mit selbstgemachtem Kartoffelbrei und Gemüse aus dem Garten. Ich habe nicht mehr so gut gegessen, seit ich vor 5-6 Jahren von Zuhause ausgezogen bin!


Auf einer Sanddüne irgendwo auf dem Grundstück


Die Manberry Station ist zwar mehr oder weniger nur ein Ein-Mann-Betrieb, aber dennoch gibt es dort Alles an Werkzeugen und Geräten, was man sich nur vorstellen kann. Kleiner Bagger, großer Bagger, Trucks, Straßenbegradigungsmaschine (Hoch lebe die englische Sprache - „grader“ ist irgendwie kürzer), Motorräder, Quads und und und. Neben einer großen Scheune befindet sich ein Hanger, den David und Ich in der ersten Tagen aufgeräumt haben. Wofür der Hangar ist? Die Farm hat eine eigene Landebahn – Davids Bruder, der Notarzt oder Kunden für das Vieh kommen auch mal per Flugzeug vorbei. Es gibt eine eigene kleine Dieseltankstelle, eine Mülldeponie am Ende der Rollbahn und überall liegen Relikte aus vergangenen Zeiten herum. Die Farm ist nämlich schon etwa 120 Jahre alt, und wenn irgendetwas den Geist aufgibt oder aus der Mode kommt dann wird es halt einfach stehen gelassen und ein paar Meter weiter neu gebaut – bei dem trockenen Klima in der australischen Wüste bleiben die Sachen dann oft auch ziemlich gut erhalten. 

Rollfeld


Tankstelle


Die 9 im Ohr steht für das Geburtsjahr der Kuh - 2009

Nostalgie am Wegesrand
Der Arbeitsalltag räumt auch mit so einigen Klischees auf, die einem bei „Bauer sucht Frau“ so suggeriert werden. Farmarbeit ist tatsächlich nicht nur körperlich alles Andere als anspruchslos! Gerade weil alles dort selbst gemacht wird, muss man mit allen Wassern gewaschen sein. In der ersten Woche war beispielsweise eine Mühle kaputt, und die Tiere hatten Durst. Wie ein Besessener sind wir zurück zum Schuppen geheizt, um Diesel für die Pumpe zu besorgen und haben anschließend das Windrad repariert. Dazu muss ich wahrscheinlich nochmal kurz ausholen, denn die Meisten von euch haben wahrscheinlich (wie ich zuvor) ein komplett falsches Bild vom ganzen System einer australischen Viehfarm im Kopf! Es ist nämlich absolut nicht, wie man sich einen deutschen Bauernbetrieb so vorstellt. Das Farmgelände ist ein gigantisches Wüstengrundstück mit Sanddünen, Flussläufen und verschiedener Vegetation. Auf den ersten Blick sieht vielleicht Alles gleich aus, doch das ist es nicht. Die Tiere laufen in Herden frei auf dem Grundstück herum, haben ihre eigene Hierarchie und sind dementsprechend wild. Nur einige wenige Kühe lassen sich beispielsweise anfassen oder gar streicheln. Auf dem Gelände gibt es insesamt etwa 10 Wasserstellen. Ein kleines Windrad pumpt Wasser aus einem Brunnen in einen Tank, der die Tränke versorgt. Wasser ist rar, da es im ganzen Jahr nur etwa 200mm Regen gibt – manchmal auch deutlich weniger. Wenn ich also beim „Mill run“ die Tanks checke (die nach etwa 20 Jahren Betrieb einfach explodieren) und den Tiere Mineralfutter vorbei bringe, muss ich auch immer auf ausreichende Wasserzufuhr achten.

20% Bräune - der Rest ist Dreck

David sucht den Wildhund
Auf dem Gelände sind wir meistens mit einem Nissan Patrol Geländewagen mit 4.2l Maschine unterwegs, um auch mit schwerem Gerät im Schlepptau noch durch Flussbetten und über Sanddünen zu kommen. Für leichtere Arbeiten rund ums Farmhaus kommt Susi zum Einsatz, wie der uralte Suzuki genannt wird. An dieser Stelle liebe Grüße an meine Tante Susanne! Das Auto sieht aus wie ein fahrender Schrotthaufen, aber wie durch ein Wunder kann man es noch immer benutzen. Der neue Nissan hingegen heißt Ute – das ist die Abkürzung von Utility („Juuut“), was den Fahrzeugtyp eines Wagens mit offener Ladefläche beschreibt. Ich teile mir den Beifahrersitz mit einem Gewehr. Andauernd halten wir an und suchen nach Fußspuren von Wildhunden, die in dieser Region zum Problem geworden sind. Alles was Kälber und Schafe fressen kann wird abgeknallt. Bis jetzt hatten die Hunde Glück, da wir das eine Mal wo wir einen sahen kein Gewehr dabei hatten. Morgens und Abends hoppeln immer Kängurus vor dem Auto her, und wilde Ziegenherde schnorren Wasser an den Tränken. Ziegen haben auch eine Lebensberechtigung, da sie Futter für die Wildhunde bieten (statt der wertvollen Kälber) und man sie zur Not auch billig verkaufen kann. Letzte Woche sahen wir eine Kuh, der ein Fuß gefehlt hat – sie muss demnächst wohl auch erschossen werden.

Der Hangar

Meine Arbeit ist hart, aber recht abwechslungsreich. In der ersten Woche bin ich fast an Heuschnupfen verreckt habe ich viel Rasen gemäht, den Swimming Pool gereinigt und das Farmgelände aufgeräumt. Ich musste zum Beispiel eine alte Leiter verstärken – dazu haben wir uns ein Stück Metall aus einem der vielen Berge Metallschrott gesucht – und mit neuen Metallnieten versehen. Dabei hat mich dann plötzlich eine Art Hornisse, die anscheinend in der Leiter gewohnt hat quer über den Hof gejagt. Wenig später schaute mir ein etwa 1m langer Waran bei der Arbeit zu. Wir haben einen Hydraulikschlauch am Grader ausgetauscht, wobei ein Eimer Benzin als Reinigungsmittel fungierte. Morgens wird der Hausmüll auf dem kleinen Hügel hinter meinem Wohncontainer verbrannt. Am Griff vom Haupttor zur Farm begrüßt mich jeden Morgen eine Redback Spider. In meiner Küche wohnt ein Frosch. Noch Fragen?

Müll? Welcher Müll?

Einen Tag benutzt
In der letzten Woche haben wir mit dem Zaunning Fencing begonnen. Zunächst musste ich alte Bohrstangen zerlegen und in der richtigen Länge wieder zusammendrehen. Dann haben wir alle 600m mit dem Bobcat ein Loch gebohrt. Mein Job war es dabei David zu navigieren, Wasser nachzukippen und den Zaun an die Seite zu biegen. Ich habe mir eine fette Prellung am rechten Zeigefinger geholt, als dieser sich zwischen Holzpfahl und Bohrmaschine eingeklemmt hatte. Der Bobcat ist ein tolles Gerät – man kann verschiedene Aufsätze vorne dran machen und ihn somit für alles Mögliche benutzen – es macht außerdem echt Spaß, damit durch die Gegend zu heizen. Anschließend haben wir schließlich die Stahlrohre einbetoniert. Wir luden einen großen Luftkompressor auf die Ladefläche vom Ute und haben alle 16m einen Metallpfahl in den Boden gerammt – das ging ganz schön in die Arme! Die härteste Arbeit folgte aber in den letzten beiden Tagen. Bis zu 45 Kilo schwere Stacheldrahtrollen mussten verladen und verlegt werden. Mit einem Quadbike haben wir zunächst den alten Draht abgetrennt und aufgesammelt. Zuvor bin ich übrigens mit dem Quadbike und einer Kettensäge auf dem Schoß den Zaun entlang gefahren, um die Bäume im Weg zu fällen – also Alles ganz nach Sicherheitsvorschriften. 

Alte Bohrstäbe auf 22,5 Zoll bringen


Das doofe am Stacheldraht ist der stachelige Draht


Morgen beginnt meine dritte Woche und ich fühle mich bisher sehr wohl auf der Farm. David ist eher ein Kumpel als ein Boss – es ist immer genug Zeit sich mit einem toten Vogel abzuwerfen oder sich mit Wildhundpheromon einzusprühen. Im Radio läuft australische Countrymusik, während die Kängurus vorm Wagen herhüpfen. Der Nachrichtensprecher berichtet ausschließlich von einer Wildsau, die irgendwo auf einem Rastplatz 18 Dosen Bier geklaut und getrunken hätte. Und von einem Salzwasserkrokodil am Cable Beach in Broome – Glück gehabt! David hört dem Radiosprecher aber nicht zu – er redet lieber mit seinen Kühen, die uns allesamt anschauen als wären wir Aliens. Auf der Farm werde ich fast schon als Teil der Familie behandelt. Als mir letzte Woche auf dem Weg nach Carnarvon mal wieder ein Reifen geplatzt ist war ich zu geizig mir für 110 Dollar einen neuen zu kaufen. Wir haben ihn schließlich selbst geflickt und bei der Gelegenheit durfte ich Ludwig auch gleich bei der Farmeigenen Tankstelle volltanken. Doof ist nur, dass ich noch immer der Einzige dort bin. Aber David sucht noch nach einem Mädel für die leichteren Aufgaben und die Tätigkeiten rund ums Farmhaus. Dann habe ich hoffentlich auch Gesellschaft, um am Wochenende mal zum Schnorcheln nach Coral Bay zu fahren. Ich halte euch auf dem Laufenden!

Euer Flo



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Kommentare: 1
  • #1

    Reise Bohnen (Donnerstag, 16 April 2015 23:02)

    Na, das hört sich ja alles super an! (:

    Bleibst du dann die 3 Monate dort? Vllt schaffen wirs ja rechtzeitig "nach unten" und sehen dich dort? (:
    Wir bleiben erstmal noch in Darwin, aber bald geht´s dann auch "endlich" für uns los.. Wär schön dich dann nochmal zu sehen, ansonsten besuchen wir dich einfach auf unserer Deutschlandtour :D

    Die besten Grüße aus Darwin,
    ☼Reisebohnen© (:D)