Nie wieder Zwiebeln


Carpet snake im Feld
   Das saftige Grün der Zwiebeltriebe ist mittlerweile einem matschigem Ockerbraun gewichen. Irgendwie hat man sich beim Pflanzen ein wenig mit dem Timing vertan – auch das Melonenfeld nebenan wurde einfach vergessen. Der Erntetrupp ist im Vorletzten der 13 Zwiebelfelder unserer Farm, als es plötzlich ein wenig unruhig wird: Eine Italienerin quiekt und springt im Kreis, es bildet sich eine kleine Menschentraube. Eine dreiste Carpet Snake war ihr beim Pflücken einfach über die Hand gekrochen. Wirklich gefährlich ist die Teppichschlange aber nicht – sonst hätte man sie wahrscheinlich auch anders genannt. Unser Supervisor Greham kommt schließlich mit einem Handtuch und zieht das Tier aus dem Feld. Fachgerecht wird es anschließend einfach 10 Meter weiter auf den Boden geworfen – in das nächste und letzte Zwiebelfeld, was am nächsten Morgen in Angriff genommen werden sollte. „Thanks Boss.“


Das Ding macht Spaß
Ich setze mich wieder in meinen Traktor und freue mich zum 183. mal an diesem Tag über die Klimaanlage – etwa 20 Grad weniger als Draußen sind optimal. Im Radio läuft exakt die gleiche Musik wie gestern. Gestern lief exakt die gleiche Musik wie vorgestern. Als Katie Perry endlich die Schnauze hält kommt Werbung. Eine Männerstimme erzählt von den neuesten Leasingraten bei Toyota – seine Stimme suggeriert aber eher Herzkasper nach Entführung durch Aliens. Im Ernst, wie können Menschen regelmäßig Radio hören? Da sterben einem doch sämtliche Gehirnzellen ab. Ich widerstehe dem Drang, panisch zum nächsten Toyotahändler zu sprinten und mit einem Hechtsprung durch die halboffene automatische Schiebetür mein Erspartes hinter die Theke zu schleudern und tippe kurz aufs Gas, um dem unfreundlichen Franzosen neben mir eine Extraportion Staub ins Gesicht zu drücken. Möhöhö.

Einmal in die falsche Richtung getippt...


Als auch das letzte Zwiebelfeld abgeerntet war durfte ich noch eine Woche am „Grader“ arbeiten. Die mehr oder weniger provisorische Sortier- und Packanlage läuft mit etwa 10 Leuten auf Hochbetrieb. Dort stand ich also 8 Stunden am Tag am Fließband und habe schlechte Zwiebeln aussortiert. Faule Zwiebeln, Zwiebeln mit Loch, Doppelzwiebeln, aufgeplatzte Zwiebeln – muss alles weg. Da kommt einem der Mock entgegen, wie Asitoni so schön sagte. Etwa 400.000 Zwiebeln laufen täglich durch die Anlage. Ab und zu half ich auch beim Einsacken oder stand auf dem Wastetruck, um Zwiebelmock zu schüppen. Bei der Arbeit am Grader haben sich auch meine schallisolierenden Kopfhörer ausgezahlt, ohne die man mich nach 2 oder 3 Tagen in eine Gummizelle hätte stecken müssen. Ich habe harte körperliche Arbeit in Australien zu schätzen gelernt, doch auf Dauer könnte ich es nicht. Nicht weil es physisch zu hart ist, es ist einfach zu monoton. Für eine Woche war es jedoch okay, und ich konnte noch etwas Geld zur Seite legen. Wer momentan in Carnarvon nach Arbeit sucht wird auch fündig. Dennoch gibt es Jahr für Jahr mehr Backpacker, und nun steht auch ein Work & Holiday Visum für China zur Debatte. Wenn die gelbe Welle den roten Kontinent überrollt sehe ich schwarz, was die Jobchancen angeht.


Wohlverdientes Bierchen nach dem letzten Arbeitstag

Die Arbeit war abgehakt, die Feiertage standen vor der Tür – das süße Leben konnte beginnen. Was macht ein Haufen Reisender in einem Wüstenkaff in ihrer Freizeit? Am Wochenende gab es meistens eine Buschparty. Unser japanischer Freund Taka hat sich einen Pickup gekauft und auf die Ladefläche stumpf ein Sofa vom Schrottplatz und sein dickes Soundsystem samt DJ-Equipment gestellt. So will er durchs Land reisen – geschlafen wird einfach im Sitzen auf dem Sofa. Mit dem Vehikel im Schlepptau machen sich dann immer 20 bis 50 Reisende auf und fahren irgendwo in die Wüste oder an ein Flussbett. Kompressor anschmeissen, Feuer machen – fertig ist die perfekte Buschparty.


Ansonsten haben wir uns auch oft in einer der Farmhütten getroffen und zusammen gekocht oder einfach nur einen gemütlichen Abend verbracht. Für ein großes Pokerturnier vor zwei Wochen bin ich eine Stunde durch den Ort gelaufen und habe Münzen ertauscht, da die Banken schon zu hatten. An dieser Stelle einen herzlichen Gruß an die kompetente Servicekraft im Woolworths, die den Geldwechsel spontan abbrechen musste weil sie nicht in der Lage war 10 minus 4 zu rechnen. Ab und zu waren wir auch nebenan bei Greham, um seinen dicken Flatscreen zu nutzen oder den Mädels ein Peace Zeichen irgendwo hin zu tattoowieren. Um ein Haar hätte ich mir „John Deere“ in grün auf die Stirn machen lassen. An einem besonders heißen Tag schnappte ich mir Thomas' türkisfarbenen Landcruiser (mit dem ich sonst immer alle bBetrunkenen heim fahr) und wir heizten offroad zu einem einsamen Strandabschnitt. Ein traumhafter Strand, und wir waren die Einzigen an mindestens 20km Küstenlinie. 

Ansonsten wurden Biervorräte vernichtet und selbstgebrauter Met getrunken. Es wurden Jamsessions im Tipi mit 8 verschiedenen Instrumenten gefeiert. Es wurden Länder erobert, von denen Hitler nur träumen konnte. Ja, ich habe einen groben Humor – wer ihn nicht verträgt muss andere Reiseblogs lesen :) Es wurde mit Flyern nach einem neuen Besitzer für Duke gesucht, der wegen seinem Humpelbein nach unserer Abreise erschossen werden soll. Und es wurden natürlich viele Freundschaften geschlossen und Abschiede gefeiert. Es gibt unzählige Erinnerungen an meine Zeit in Carnarvon, die schon sehr bald zu Ende sein wird.

Dinner bei der Nachbarfarm


Lieblingsitalienerin Lena ist Sushisüchtig


Pokern geht immer


Ich hab ne Zwiebel aufm Kopp ich bin ein Döner...


Weihnachten verbrachten wir in kleiner Runde mit Wraps und Wichtelgeschenken. Am nächsten Tag gab es dann ein größeres Zusammentreffen im „Roundhouse“ zwei Farmen weiter. Der Fensterlose Rundbau mit Pool ist wirklich super gemütlich – nur die Mosqiutos nerven, von denen wir auf unserer Farm glücklicherweise verschont blieben. Für Silvester geht es an die berühmte Korallenbucht, und danach geht es wieder „on the road“. Ich kann es kaum erwarten!

Wraps
Roundhouserelaxation


















P.S.: Auf der Nachbarfarm haben wir neulich ein kleines Spinnchen gefunden.


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