Déjà-vu im Fjordland

Die Straße nach Te Anau
Es dämmerte bereits, als Vincent und ich in Te Anau ankamen. Die Straße dorthin war malerisch schön. Wir buchten uns in einen Campingplatz ein und bauten zum ersten mal das Zelt auf, was im Auto mit dabei war. Die Regenplane an der Spitze war nicht mehr da, aber dafür hat man ja ein Handtuch. Am nächsten Morgen stand unsere Wanderung auf dem Plan. Wir wollten den Kepler Track bewältigen, einen der neun „Great Walks“ Neuseelands. Für den 60 Kilometer langen Weg hatten wir bereits zwei Übernachtungen in den Berghütten gebucht – die Erste der eigentlich 3 Hütten hatten wir übersprungen, da sie ausgebucht war und man auch stolze 60 Dollar pro Nacht bezahlt. Demnach war unsere erste Etappe mit etwa 8 Stunden Laufzeit nicht zu knapp bemessen. Aber das ist natürlich kein Grund sich den Wecker zu stellen oder gar Tickets und Pläne schon am Vortag zu besorgen! Als wir die Hängebrücke zum Startpunkt der Wanderung erreichten war es bereits 14 Uhr.


Hier war die Welt noch in Ordnung / trocken


Gut, dass ich seit Monaten meine dicken Wanderschuhe mit mir herum geschleppt habe. Nach 20 Minuten ziehe ich sie aus und laufe in Flip Flops weiter – an zwei Stellen waren meine Füße bereits offen. Offenbar haben die Schuhe meine Arbeit auf der Manberry Station in Australien nicht überlebt. Auch stellten wir recht schnell fest, dass unsere Vorbereitungen nicht wirklich optimal waren: Es wäre viel klüger gewesen, Vincents großen Rucksack zu nehmen uns sich mit dem Tragen abzuwechseln. Egal, zu spät! Vincent half mir netterweise mit dem Tragen der Schuhe und meines Schlafsackes, der nicht mehr in den Rucksack gepasst hat. Wir hatten etwa zwei Drittel der Strecke hinter uns, als es zu regnen begann. Ui, wie erfrischend! Leider sollte es nicht mehr aufhören zu regnen und wir froren uns den Arsch ab. Vincents Jacke hielt dicht, doch ich war nass bis auf den Keidel. Auch mein Schlafsack hatte sich mit Wasser vollgesogen. Wie sehr wir dieser verfluchten Hütte entgegen gefiebert haben! Irgendwann kamen wir dann aber an und machten erst mal eine Inventur: Unsere letzten trockenen Sachen beliefen sich auf ein Tshirt von Vincent und zwei Boxershorts von mir. Wir teilten brüderlich („Du kriegst die olle Fletsch!“) und liehen uns noch Klamotten von anderen Wanderern. Der Hüttenweirdo Ranger hatte nicht schlecht geschaut, als ich ihm meine Flip Flops zeigte. Das ganze Unterfangen erinnerte mich ein wenig an meine Dschungeltour in Laos – In Flip Flops bis zur Ohnmacht. Leider sollte der Ofen am Abend ausbleiben.


Nachts wurde es dann, man könnte sagen, ein klein wenig frisch. Es war die kälteste Nacht meines Lebens. Der kalte Wind, der durch die Hütte zog machte auch vor meinem nassen 20-Dollar-Schlafsack keinen halt. Irgendwann hatte ich Muskelkontraktionen am ganzen Körper und beschloss in die Küche zu gehen, um mich irgendwie über ein Herdfeuer zu beugen. Dort traf ich dann den Ranger, der zufällig wach geworden war. Er schaute mich zunächst an wie ein Gespenst, drehte um und kam mit einer Kiste Feuerholz, warmen Klamotten und einem Kakao wieder. Der Mann, so komisch er auch sein mag, liebt seinen Job und ist wirklich super nett. Ich hatte sogar ein wenig Glück im Unglück: Unweit der Hütte waren offenbar ein paar der äußerst seltenen Kiwivögel und wir konnten sie lauthals singen hören. Nachts dick eingepackt am Ofen einer Alpenhütte den Kiwis beim Singen zuhören – eine tolle Atmosphäre.

"Regenwald" mal anders



Kaka, du!
Am nächsten Morgen war ich schließlich übermüdet und ordentlich erkältet. Auch der Wetterbericht mochte uns nicht: Schneestürme und eine Schneefallgrenze von 1000m waren vorausgesagt. Die nächste Etappe sollte auf dem Berggrat entlang bis auf 1500m gehen, und auf dem Weg dorthin stand Regen auf dem Programm. Flip Flops hin oder her, dafür waren wir beide nicht ausgerüstet. Wir verbrachten also einen weiteren Tag auf der „Irisfall Hut“ mit dem Besorgen von Feuerholz, einer kleinen Wanderung zu einem nahen Wasserfall und wir spielten Gin Rommé um Gummibärchen Genussbärchen. Leicht enttäuscht liefen wir dann am dritten Tag die gesamte Strecke wieder zurück. Schade! Immerhin hatten wir noch unseren Spaß auf einem uralten, abgesperrten Teilstück des Weges und wir sahen einen seltenen Kaka-Vogel, wer auch immer den so genannt hat. Falls einer von euch jemals den Kepler Track läuft und den „Big Slip“ erreicht, wo 1984 ein gewaltiger Erdrutsch das Landschaftsbild verändert hat: Lieben Gruß an meine Schuhe!

Und Tschüss!


Gegen Ende der Wanderung zog es schon ordentlich in meinen Füßen – die Flip Flops waren mal wieder so am Ende, dass mein linker Fußballen schon auf dem Boden lief. Da ist vielleicht mal ein neues Paar fällig! Auch die Sand Flies machten uns im Wald ordentlich zu schaffen – an Pausen war nicht zu denken. Diese Viecher sind wirklich die niederträchtigsten Lebewesen überhaupt. Lautlos, kaum größer als Fruchtfliegen und zu jeder Zeit zahlreich vorhanden. Stiche bleiben etwa 2 Wochen, jucken wie die Pest und entzünden sich auch gerne. Nein, ich weiß nicht wie die Pest juckt aber so stelle ich es mir vor. Sandfliegen sind wohl der eine negative Aspekt, der jedem Reisenden aus Neuseeland in Erinnerung bleiben wird. Dementsprechend erleichtert erreichten wir unser Auto und stellten erfreut fest, dass nicht eingebrochen worden ist. Schlodder ist nun mal verlässlich! Ok, wenn es danach geht besitzen wir wohl das verlässlichste Auto Neuseelands.
 
Unser nächstes Ziel war der berühmte Milford Sound, der etwa eine Fahrtstunde nördlich von Te Anau gelegen ist. Die Straße dorthin war einfach der Hammer:

Nach einem Tunnel tat sich dieses gewaltige Tal auf

Auch der Milford Sound an sich ist touristisch, aber wirklich beeindruckend. Wir hatten eine Fährfahrt bis ans Meer für je 49 Dollar ergattern können. Die meisten Reisenden kommen mit einem Shuttle aus Queenstown und zahlen etwa 180 Dollar für eine kürzere Fahrt. Im Milford Sound regnet es an 300 Tagen jährlich, manche der Täler dort kriegen 14 Meter Niederschlag pro Jahr. Gewaltige Gletscher hatten die Landschaft einst so geformt. Die magische Atmosphäre an diesem Ort ist schwer zu beschreiben und auch auf Bildern nicht festzuhalten. Die großen Fähren wirken neben den bis zu 1700m hohen Steilwänden mit ihren dutzenden Wasserfällen total verloren.

Wer sich übrigens fragt, was der Herr Schettino nach seinem Maleur mit der Costa Concordia heute so macht: Er arbeitet als Kapitän auf der „Go-Orange“-Fähre im Milford Sound. Das hätte mir mal jemand vorher sagen sollen! Ich bin extra vorne an die Spitze des Bootes gegangen, als er ganz nah an die Stirling Falls, einen der großen Wasserfälle dort heranfuhr. Dachte ich zumindest – er ist natürlich IN den Wasserfall gefahren und ich war (schon wieder) patschnass. Was für ein Getöse! Wir sahen außerdem noch eine Kolonie Robben, einen Pinguin und dicke Krabben, die sich die Crew zum Abendessen gefischt hat. Eine tolle Tour!

Die Stirling Falls


Den Rest des Tages verbrachten wir damit, wieder nach Queenstown zu fahren. Nach einer unschlagbaren 5-Dollar-Pizza bei Dominos (Die Firma hat uns vor dem Ruin bewahrt) nächtigten wir wiedermal auf einem der günstigen DOC-Campingplätze. Die Nacht war kalt, am nächsten Morgen waren die umliegenden Hügel mit Frost bedeckt. Nach Wanaka fuhren wir die Passstrasse zur Westküste, wo wir jedoch erst am nächsten Morgen ankommen sollten: Lotsen müssen die Autos einzeln an einem Erdrutsch vorbeischleusen. In Neuseeland hat nun mal die Landschaft die Hosen an!

Ein Tal bei Wanaka


Die Westküste



So fuhren wir also Stück für Stück die Westküste hinauf. Wir campten an herrlichen, klaren Seen und durchquerten dichte Wälder. Die Straße war oft abenteuerlich, und hinter einer Kurve sah ich aus dem Augenwinkel eine Art Kugel über die Straße kriechen. Wir fuhren zurück und fanden einen kleinen Igel verängstigt zitternd und zusammengerollt auf der Straße liegen. Bevor wir aussteigen konnten kamen noch zwei Autos – das letztere fuhr so knapp am Igel vorbei, dass wir dachten es hätte ich sich ausgeigelt. Ich schnappte mir das arme Ding und wir nahmen ihn mit zum nächsten Waldstück. Ihm gefiel offenbar Housemusik, und nach ein wenig Wasser wurde er plötzlich wieder richtig munter. Schweren Herzens trennten wir uns von dem unverschämt süßen Tier und setzten ihn im Wald aus.

Auf diesem Bild sind 2 Tiere, 1 davon hätten wir nicht gerettet!


Es ging also ohne Igel weiter gen Norden. Bis zum Wochenende wollten wir es nach Takaka schaffen, wo mein Freund Tom aus England mit seinem Hausboot auf uns wartete. Der Autofahrer vor uns fuhr so grottig, dass ich schlechte Laune bekam. Er schlich auf den Geraden hinter dem Vordermann her und überholte dann an den unmöglichsten Stellen. Ich bin ja selbst kein Engel auf der Straße, aber das ging wirklich gar nicht. Wegen solchen Idioten verlieren Andere ihr Leben! An einer der zahlreichen einspurigen Brücken hielt der Wagen, schaltete ohne ersichtlichen Grund in den Rückwärtsgang und rammte uns trotz langem Hupens seine Anhängerkupplung in die Motorhaube. Was!? Der Fahrer entpuppte sich als 22-jährige Kanadierin. Ich fragte sie zunächst ob sie betrunken sei, bevor ich ihr erklärte dass Menschen wie sie kein Auto fahren sollten. Soll doch der Franzose fahren der mit dabei war! Den Tränen nahe ließen wir sie einen kleinen Schuldzettel schreiben und ich machte Fotos vom Reisepass. Wir sind nun 100 Dollar reicher und Schlodder sieht genauso scheisse aus wie vorher. Gut, dass wir keinen Mietwagen haben! 

Irgendeiner der Seen

Ein weiterer Pflichtstopp auf dem Weg gen Norden sind die Gletscher „Franz Josef“ und „Fox“. Jeder unserer Reiseführer schwärmt von den Gletscherbegehungen. Jeder unserer Reiseführer ist aber mindestens 5 Jahre alt, und mittlerweile ist von den Gletschern nicht mehr viel übrig. Die kleinere Wanderung zum Franz Josef ist ziemlich enttäuschend. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis die touristischen Alpendörfer dort in sich zusammen fallen. Eine Frage blieb uns jedoch: Warum hat es dort permanent nach Schokolade gerochen? 

War mal spektakulär: Franz Josef der Gletscher

Nach einer letzten Nacht am idyllischen Nelson Lake erreichten wir vor ein paar Tagen schließlich Motueka und haben Tom wiedergetroffen. Momentan leben wir auf einem Boot! Dementsprechend bin ich viel zu entspannt, um mir viel Zeit zum Blog schreiben zu nehmen und habe diesen Eintrag mehr oder weniger „hingeschissen“. Sorry dafür! Ihr habt es anscheinend überlebt. Beim nächsten Mal berichte ich also vom Leben auf dem Hippieboot. In 3 Wochen geht bereits mein Flieger nach Singapur und in 6 Wochen bin ich schon wieder zuhause! 

Embrace yourself...

Flo



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