Der Burning Man ist bereits seit 3 Wochen vorbei und irgendwie habe ich den Blog mal wieder schleifen lassen. Der Wurf zurück in die Realität war hart und bedurfte
so einiger ausgedehnter WIFI- Sitzungen. Internet bis zum Umfallen! Vincent musste zudem an einer Seminararbeit arbeiten, weshalb die Fahrt zur mexikanischen Grenze zu einer regelrechten
Walmart-Starbucks-Rally geworden ist. Eine Fachwerkstatt in Reno hatte für unser nach wie vor schleifendes Differential Kosten von knapp 2000 Dollar vorhergesagt - Mexiko war daher auch unsere
einzige Chance, einem Totalschaden zu entgehen. Zum Ende hin roch der Wagen komisch, lenkte von alleine und machte Geräusche wie ein wütender Tintenstrahldrucker während der Apokalyse, weshalb
wir nur Nachts und nicht schneller als 60 Freedoms pro Stunde (90kmh) fahren konnten.
Am 12. September war es dann aber soweit und wir fuhren entgegen aller Erwartungen über die Grenze nach Tijuana, Mexiko. Dort begann eine unvorstellbare bürokratische Odyssee - es macht mich
heute noch wütend, wenn ich daran zurückdenke. Um eine halbe Seite Text auf einen Satz zu reduzieren: Die mexikanischen Behörden sind mein unangefochtener Spitzenreiter in Sachen Dämlichkeit und
Inkompetenz. Und das sage ich als jemand, der schon kanadische Visa beantragt hat und an der kambodschanischen Grenze das gleiche Prozedere wie Rindviecher genießen durfte. Im Endeffekt mussten
wir zufuss zurück in die USA (3 Stunden Warten auf planlose und erschreckend ignorante US-amerikanische Grenzbeamte) und eine große Schleife zurück nach Mexiko laufen. Wir brauchten außerdem eine
temporäre Importerlaubnis fürs Auto, was uns später dann aufgrund der Inkompetenz der Behörden nochmal fast einen ganzen Tag gekostet hat. Man kann das Wort Inkompetenz hier wirklich nicht oft
genug benutzen! Inkompetenz Inkompetenz Inkompetenz Inkompetenz Behörden Inkompetenz Inkompetenz INKOMPETENZ Behörden Inkompetenz!
Der Grenzübergang von den Außenbezirken San Diegos nach Tijuana war zudem ein gewaltiger Kulturschock - hier prallen wirklich zwei Welten aufeinander. Chaos, Lärm, Dreck und Müll. Da es in
Tijuana kein Abwassersystem gibt werden die schlechten, chaotischen Straßen mit all ihren willkürlichen Speedbumps bei Regen überflutet und Autofahren wird zum Stresstest. Am ersten Tag waren
Vincent und Ich von Mexiko einfach nur „abgefuckt“ (mir fällt kein passendes deutsches Wort ein) und wir wären am liebsten zurück in die Staaten gefahren. Alles war irgendwie eckig und schattig edgy und shady. Mein linker dicker Zeh war auch mal wieder fällig und freute sich über eine Begegnung mit einem rostigen Stück Stahl,
was aus dem „Bürgersteig“ ragte. An Fotos machen war uns in Tijuana nicht zumute, weshalb es hier keine gibt. Stellt euch einfach einen dämlich guckenden Mexikaner in Uniform vor, der bis zur
Hüfte in dreckigem Wasser steht.
Ok, genug aufgeregt. Als wir endlich die Simkarte in meinem Handy aktiviert bekamen und eine Art Hostel fanden, war es bereits dunkel. Denn kaum einer spricht hier Englisch, vor allem nicht an
der Grenze. Der schlaue Florian hätte schon früher mit dem Spanisch lernen anfangen sollen! Aber der hat nunmal dieses Jahr Urlaub. Je weiter wir aus Tijuana raus kamen, desto mehr Gefallen
fanden wir an Mexiko. Chaos hat doch Charme, wenn man es nicht übertreibt!
Wenig später erreichten wir das Hostel, was unauffällig in einer kleinen Siedlung zwischen Highway und Ozean gelegen war. Außer dem Besitzer Iain und seiner Tochter Molly waren wir die einzigen
im Haus. Wir hatten somit das gesamte Obergeschoss inklusive Dachterrasse für uns alleine, was wir in vollen, entspannenden Zügen genossen. Wir waren insgesamt 8 Tage dort, während unser Auto im
Nachbardorf repariert wurde. Denn, um es abzukürzen, war das Ganze echt eine Herausforderung und hat 4 Anläufe gebraucht. Unser „Mechaniker“ Poncho konnte kein Englisch und wohnte irgendwo auf
dem Berg zwischen zahllosen Hunden Hühnern, und unser stark alkoholisierter Hostelnachbar ist andauernd eingenickt, als wir mit ihm in Iains nicht registrierter Klapperkiste zum Reifenkauf in den
nächsten größeren Ort fahren mussten.
Unser Gastgeber Iain ist definitiv einer der schrägsten Charaktere, die ich auf der Reise getroffen habe. Der Engländer ist Ende 50, sieht aus wie ein kettenrauchender Zombie und hat ein wirres Leben voller mehr oder weniger erfolgreicher Geschäftsideen hinter sich. Seine Tochter Molly stammt aus seiner vierten Ehe mit einer Afrikanerin. Zusammen mit Molly machten wir uns in den Bergen auf die Suche nach wilden Pferden und fanden wilde Pferde (man sind wir gut) und einen verfallenen Schlachthof.
Das „Hostel“ von Iain ist momentan eher eine Entzugsklinik für Heroinabhängige. Die in den Staaten verbotene Droge Ibogain ruft bei vielen Abhängigen Träume und Visionen hervor, die ihnen helfen,
ihre Sucht in den Griff zu kriegen. So bekamen wir also Gesellschaft von einem Geschäftsmann aus Chicago, der sich seit Monaten auf diesen psychisch extrem anstrengenden Trip vorbereitet hat.
Sein Fazit: Er würde es nie wieder tun, unter keinen Umständen, ist aber froh es gemacht zu haben. Falls es ihm wirklich hilft, seine Suchtkrankheit in den Griff zu kriegen, ist es doch eine gute
Sache.
Unsere verbleibende Zeit bis Mexiko City hatte sich im Hostel auf 2 Wochen reduziert. Der Wagen läuft endlich wieder und lenkt sich besser als je zuvor. Mittlerweile sind wir in La Paz und haben
nur noch 4 Tage zusammen - nachher beginnt unsere 18-stündige Fährfahrt nach Mazatlan, und ich werde die Zeit wohl nutzen um von unserem Roadtrip durch die Baja zu berichten. Der nächste Eintrag
sollte also nicht lange auf sich warten lassen!
Gruß aus La Paz, Flo
Teile diesen Blogeintrag:
Kommentar schreiben