Das wilde Mexiko

Lange hat es hier nichts mehr zu Lesen gegeben. Mit dem näher kommenden Ende einer so langen Reise ist man einfach „fertig damit“ und die letzten Tage und Wochen erscheinen einem irgendwie überflüssig. In Gedanken schon Zuhause will man aber gleichzeitig noch die letzte Zeit genießen. Man sitzt zwischen den Stühlen, könnte man sagen. Das ist wahrscheinlich nicht rational begründbar, aber ein ähnlicher Gemütszustand ereilte mich schon gegen Ende meiner ersten Weltreise und befreundete Globetrotter haben dieselben Erfahrungen gemacht. Nun aber, nach fast 4 Wochen zurück in Deutschland nutze ich den ersten Anflug von Muße um von meinen letzten Wochen zu berichten und den Blog mit einem zweiten Reisefazit zum Abschluss zu bringen.

Die Sache mit dem Wifi war in La Paz nicht so einfach. Wie sollen wir da unsere Fähre nach Mazatlan buchen? Nach unserem Tauchkurs in Loreto waren wir an einem Stück bis zur Hauptstadt der Baja California Sur durchgefahren. Wenn wir nun aber die nächste Fähre nicht kriegen, verpasst Vincent seinen Flug und Julia steht alleine in Mexiko City. Nach ein wenig Frust und Aggression fanden wir schließlich ein Büro, welches unsere nur in Spanisch auf der katastrophalen Internetpräsenz buchbaren Tickets in echte Papiertickets umtauschte. Nach kurzem Erkunden der Innenstadt von La Paz ging es dann auch schon weiter zur Fähre und sämtliche Befürchtungen bestätigten sich: Die „Organisation“ hier war genau so chaotisch und sinnfrei wie bereits an der Grenze. Sechs mal musste ich mein Ticket zeigen, während Vincent aussteigen und seperat auf die Fähre gehen musste. Im Bauch des Schiffes musste man schließlich rückwärts eine enge Rampe hinauf (wer baut sowas?), um sich zwischen laufenden LKWs und ungesicherten Ölfässern möglichst eng in eine Ecke zu keilen. Die Luft war stickig  und es gab kaum Licht. Es war eine Atmosphäre wie in einem Horrorfilm. Zudem wurden aus den 2 Parkstreifen mal eben 3 gemacht, obwohl das Schiff nichtmal ansatzweise voll war. Die Dame neben mir touchierte das dahinter stehende Auto, was von dessen Fahrer nur mit einem kurzen Lachen erwidert wurde. Mexiko.

Zwei Tage später erreichten wir schließlich Mexiko City. Die Metropole ist laut, dreckig, hektisch und gefährlich. Unser Hotelparkplatz wurde rund um die Uhr mit einem Kampfhund bewacht. Mit der Metro erkundeten wir die Stadt und fanden dabei aber auch so einige charismatische Ecken. Da wurde zum Beispiel einfach mal eine Straße abgesperrt und zu einer Art Open Air Hinterhofwerkstatt deklariert. Überall gab es Street Food und heruntergekommene Läden. Die Stadt war auch das Ende meines zweimonatigen Roadtrips mit Vincent, welcher mal wieder sehr genial war. Was wohl als nächstes kommt…?

Am Flughafen gabs schließlich einen fliegenden Wechsel - ein Psychologe geht, eine andere Psychologin kommt. Hier bitte einen Gag von wegen „zweite Meinung einholen“ dazudenken! Julia sollte mich auf den letzten 3 Wochen nach Cancun begleiten. Zunächst ging es aber nochmal in die Innenstadt, wo wir unter anderem einen krassen Markt fanden. Auf engstem Raum wurde dort alles verkauft, was man essen kann. Es gab keine Touristen dort und wir deckten uns mit frischen Früchten ein. Auf dem Rückweg ins Hotel war die Metro pervers voll und ich umklammerte instinktiv meinen Rucksack. Pass, Macbook, Geld, Dokumente…wenn der Weg ist habe ich ein Problem! Mein Handy allerdings war in der Hosentasche, zumindest beim Einsteigen. Es fühlt sich zwar scheiße an beklaut zu werden, aber ein großer Verlust war es nicht. Das Handy lag neulich noch im Klo und war komplett hinüber, wer sowas klaut ist selbst Schuld!

Wir verließen die Metropole gen Osten in Richtung der Yucatan Halbinsel. Nach dem Besuch einer kleineren Tempelanlage stoppten wir in Xalapa und hatten einen grandiosen Abend mit unfassbar schlechten Cocktails, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. „I glaub du redst Scheiss!“ Dezent verkatert ging es nach kostenlosem Frühstück weiter bis an die Golfküste. Englisch spricht dort niemand mehr, was mal wieder zu einigen lustigen Situationen führte. In einem Restaurant wollten wir uns Cocktails bestellen, doch es handelte sich um Shrimp Cocktails - die Bedienung kam aus dem Lachen gar nicht mehr raus. Wenn man den bezahlten Highway (cuota costa) verlässt, kommt man durch sehr authentische Dörfer, deren Einwohner eigentlich nie Menschen aus anderen Ländern zu Gesicht bekommen. Beim Mittagssnack an einem Tacostand zum Beispiel wurden etliche Fotos von und mit uns gemacht, der Standbesitzer wollte unbedingt in Kontakt bleiben. Tage später fand ich dann ein grässliches Bild von mir selbst beim Taco mümmeln bei Facebook mit hunderten Likes und Kommentaren in Capslock. Hier waren wir die Attraktion und nicht andersrum! Es sollte noch Tage so weitergehen und war manchmal auch richtig unangenehm. Vor allem für Julia, die teilweise auf üble Weise von Mexikanern angegraben wurde und sich mancherorts nur noch mit ihrem „Ehemann“ rauf die Straße traute. Da geht man irgendwo essen und 5 Meter weiter bleibt einer stehen, greift sich in die Hose und leckt sich die Lippen. Das ist natürlich ein krasses Negativbeispiel, aber man fühlt sich einfach ständig unter Beobachtung, was auf Dauer wirklich unbehaglich ist. Ich hätte nicht gedacht, dass ich mich mal nach touristischeren Regionen sehne!

Doch bis dahin war es noch ein Stückchen zu fahren. Ab Coatzacoalcos (wird wirklich so geschrieben) wollten wir uns einfach an der Küste halten. In einem winzigen Ort auf der Strecke namens Sánchez Magallanes mussten wir schließlich einen Nachtstopp einlegen, da es mal wieder dämmerte. Es war so einer der Orte, wo ich extra nah an der Mauer parke, damit keiner die Räder vom Auto klaut. Dort fanden wir schließlich ein süßes Hotel für umgerechnet 12 Euro, wo wir durch eine Luke aufs Dach kamen und es uns mit leckerem Cuba Libre dort gemütlich machten. Ein wenig Kultur muss schließlich sein und es war ein grandioser Abend.

Die Strecke von dort bis in den nächsten Ort Paraíso war eine wahre Belastungsprobe fürs Auto. Direkt am Strand entlang und genau in Richtung Yucatan, klingt doch super! Schon die erste Brücke hatte ein 2 Meter großes klaffendes Loch, weil man dort irgendwie nicht an die Wasserentsorgung gedacht hatte. Sumpfige Löcher und irre Speedbumps sind in Mexiko ja eh normal, aber hier war teilweise ein Großteil der Fahrbahn von den Gezeiten abgetragen worden und wir mussten rechts durchs Gestrüpp fahren. Ab und zu hatten Einheimische eine provisorische Schranke aufgebaut und wollten einen kleinen Obolus für… ja wofür eigentlich? Es war jedenfalls sehr abenteuerlich und spaßig, wir waren aber heilfroh am nächsten Tag wieder „Highway“ 180 unter den Rädern zu haben.

Irgendwann erreichten wir Champoton, wo schon wieder ein erster Anflug von Tourismus zu erkennen war. Wir buchten uns spontan für drei Tage in ein nettes Hotel mit Pool, um mal so richtig auszuspannen und auszukotzen. Von hier hatte ich ja auch den letzten Blogeintrag über unseren Tauchschein verfasst. Es dauerte zwei Tage, bis ich die Lebensmittelvergiftung komplett überwunden hatte. Aber unser Ziel, nach Yucatan und Quintana Roo zu kommen, war zum Greifen nahe! Mehr dazu im nächsten Eintrag…

P.S.: Aufgrund beschriebener Umstände gibts für die restliche Zeit leider nur Handybilder!

 


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